Montag, 16. April 2012

Ich bekenne, ich bin, war und werde immer unmoralisch (sein)…

Ich habe meinen Bruder verpfiffen, um gegenüber meinen Eltern besser dazustehen. Das war unmoralisch!
Ich habe ein Mädchen in der 10. Klasse so lange geärgert (neudeutsch gemobbt) bis sie die Schule verlassen hatte. Das ist definitiv unmoralisch gewesen! (Dass ich dafür bis heute ein schlechtes Gewissen habe und dieses Mädchen immer noch in verschiedenen Foren suche, um ihr zu sagen, wie leid es mir tut, macht die Sache nicht besser.)
Ich nehme es mit meinem Alter und einigen anderen Angaben nicht so ernst und erschleiche mir dadurch schon mal einen Vorteil. Das ist zwar kleinlich, aber auch unmoralisch.
Ich bin schon mal eine Beziehung eingegangen, nur weil sie meinem Ego  und meinem Ansehen bei einigen anderen jungen Hühnern guttat. Nicht, weil ich diesen Menschen ehrlich mochte. Okay, ich war sehr jung, aber das war doch sehr unmoralisch.  
Ich habe in einer Zeit, in der es mir mal sehr schlecht ging,  geklaut (wollte meine Eltern nicht um Hilfe bitten), gelogen (Vorteilsnahme durch falsche Angaben) und mir selbst sehr unmoralische (wie unmoralisch sind schädliche Substanzen?) angetan.  
Ich habe eine sehr enge Freundin, die verdient ihr Geld freiwillig als Prostituierte. Na, da bin ich ja mindestens der Beihilfe zu Unmoral schuldig.   
Außerdem fahre ich  bloß deswegen nicht schwarz mit der S-Bahn, weil ich Bammel habe erwischt zu werden. Das heißt, hier würde ich ohne mit der Wimper zu zucken auch noch unmoralisch werden, wenn ich mich bloß trauen täte.

Diese Dinge haben nach meiner Definition alle was mit Moral zu tun.  Aber angesichts der Höhe in der Moral hängt, sind das alles doch lässliche Sünden.
Ich war und bin sicherlich noch in tausend anderen Fällen unmoralisch (gewesen), aber entweder hab ich´s verdrängt, oder ich will´s euch nicht erzählen J.


Wann fängt also Moral an? Wenn es einen gibt, der einen Schaden davon trägt? Oder wenn man Dinge besser wüsste und schlechter tut? Vielleicht, wenn man sich nicht an der richtigen Stelle von den falschen Dingen distanziert?

Nachdem der Begriff der Moral immer wieder bemüht wird (auch von mir), dachte ich, es wird Zeit, mir den Begriff mal ordentlich  definieren zu lassen und mal näher anzusehen. Auf der Suche nach Moral wagte ich einen Streifzug durch das Internet. Ich muss sagen, ich bin verwirrter als zuvor, denn was ich dort fand hatte wenig mit meiner Definition von Moral zu tun.

Laut Wikipedia heißt es:
„Moral bezeichnet meist die faktischen Handlungsmuster,- konventionen, -regeln oder Prinzipien bestimmter Individuen, Gruppen oder Kulturen, sofern diese wiederkehren oder sozial anerkannt und erwartet werden.“

Okay, das Wort sozial kommt in meiner eigenen Ansicht von Moral auch vor. Unabhängig von wiederkehrendem oder erwartetem Verhalten.


Bei wiktionary lautet die Definition so. Moral ist:
„…die Wertvorstellungen und guten Sitten einer Gesellschaft oder einer Person; von einer Erzählung, einem Geschehen…“

Aha… Moral ist u.a. „die Wertvorstellung und guten Sitten einer Gesellschaft oder einer Person.“ Na prima, wenn die Wertvorstellungen und guten Sitten derer, die am lautesten nach Moral schreien (unabhängig von der derzeitigen Diskussion)  für Moral stehen, dann bin ich lieber ganz dolle unmoralisch.

Br-online.de sagt, Moral sei die:
„Gesamtheit der Normen, Werte und Grundsätze, die das zwischenmenschliche Verhalten einer Gesellschaft reguliert. Unter den Begriff Moral fällt zudem das sittliche Empfinden des Einzelnen oder einer Gruppe…“


Oh… dann stehen unterschiedlichen Gruppen also unterschiedliche Moralansichten zu? Und die Regulierung übernimmt dann die Gruppe, die lauter schreit. Na dann ist ja selbstverständlich warum die Hütte brennt: Es gibt einfach zu viele Gruppen.   


Moral hat meines Erachtens mit Wahrheit und Lüge, Gefühl für sich und andere und der eigenen Ansicht von einem guten Leben (ich meine hier nicht den Standard des Überflusses, sondern das GUTE Leben) zu tun.
Unmoralisch finde ich, wenn ich trotz besseren Wissens meine eigenen Belange so hoch hänge, dass ich anderen Menschen schade (nicht helfe), um meine Ziele zu erreichen.  Und das passiert leider vielen Menschen.

Dem Bäcker, der sich nicht um die Kakerlaken kümmert, weil ihn das Zeit, Semmeln und somit Geld kostet. Dem Arzt, der den Kassenpatienten wegschickt, weil er weiß, dass er ihm zwar helfen könnte, es ihm aber einen finanziellen Nachteil bringt, wenn der Privatpatient dahinter nicht warten will. Oder dem Lehrer, der einen Schüler zur Schnecke macht, weil er einen Blitzableiter für den Streit mit dem Rektor braucht.   

Natürlich passiert das auch Anwälten (unabhängig vom Mandat (!)) -  oder auch schon gerne mal einem Staatsanwalt.
Ich halte es ja schließlich auch für hochgradig unmoralisch, jemandem Verständnis vorzugaukeln und dann, sobald es geht, die Ängste dieser Person für die Durchsetzung seiner Pläne zu instrumentalisieren.

Alles Dinge, die passieren und mit denen man leben muss. Denn ein Anrecht auf Moral habe ich leider nicht. Aber wünschen kann ich sie mir schon.


Zu guter Letzt habe ich im Netz noch eine eigene Seite für Anstand und Moral gefunden und genauso heißt sie auch: www.anstandundmoral.de
Wer dort allerdings das goldene Licht in Sachen moralischer Anschauung sucht, wird schwer enttäuscht werden. Es handelt sich bei dieser Seite nämlich um eine Verkaufsseite für (Achtung!)handgefertigte  Uhrenbänder.  Na ob diese Irreführung moralisch in Ordnung geht?
Mir wurscht!
Liebe Grüße Eure Manu

P.S. Hier thematisiere ich ausschließlich das Thema Moral und meine Ansichten dazu. Nicht das Thema Recht! Und das Gute ist doch, dass das Recht weitaus festere Regeln hat (haben sollte), als die Moral.
Andere Meinungen werden von mir durch die Bank akzeptiert. Ich muss sie ja nicht moralisch finden.

1 Kommentar:

  1. Eine großartige Einleitung hat Oscar Wilde für sein Buch "Das Bildnis des Dorian Gray verwendet". Möglicherweise wäre sie auch etwas für "Tote Ratten für den Tankwart - Teil 2". Sie lautet:

    "So etwas wie moralische oder unmoralische Bücher gibt es nicht. Bücher sind gut ... Weiter nichts."

    Gesagt haben soll er auch folgendes:
    "Morality is simply the attitude we adopt towards people whom we personally dislike."

    Finde ich nachvollziehbar.

    Liebe Grüße

    David

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