Sonntag, 15. April 2012

Nicht im Sinne der Verteidigung…

Aus gegebenem Anlass zog es meinen  Mann vor zwei Tagen nach Berlin und ich fuhr mit.
In einer Anwaltskanzlei auf dem Kurfürstendamm trafen wir uns mit zwei Herren im allerbesten Alter.  Ich kannte beide schon. Den einen ein bisschen, den anderen ein bisschen besser. Es handelte sich um die Speerspitze der Verteidigung meines Mannes, Andreas Jede und Nik Krähn.
Den Beiden gelingt es bei mir immer, die Ruhe und sanfte Spannung aufzubauen, die zwei Männer auf einem Weg zum Angelausflug ausstrahlen. Bei gutem Angelwetter. Mit genügend Ködern in der Dose und zwei Bier mehr als nötig im Kühlfach.
Wir verbrachten den Abend bei einem kleinen, lauten Griechen unweit des Büros und Andreas Jede schaffte es in weniger als 30 Minuten den Panikblick eines paralysierten Kaninchens aus meinem Gesicht zu parlieren.
Ich hörte von Gutachten, Zahlen, Urteilen, Aussichten, Ansichten, Bedenken und Überzeugungen. Der Kellner versuchte uns mit einer Ouzo-Kompressions-Betankung abzulenken, aber wir hielten uns zurück. Zu wichtig war es zu hören und zu verstehen. Die Stimmung war nicht ausgelassen, aber gut.
Aus heiterem Himmel fragte Olaf, was die beiden denn von meinem Blog hielten. Ich trat ihn unter dem Tisch vors Bein, denn er wusste, dass das das Letzte war, worüber ich reden wollte. Zumal mein Mann nicht unbedingt zu meinen größten Fans zählt, was den Blog angeht.
Zwischen Gyros und Zaziki zog eine kurze graue Wolke auf.
Mein Blog? Ganz nett. Der Sache nicht unbedingt dienlich, weil zu emotional. Ich zeige Verletzlichkeit und Schwäche. Ich spüre, dass sie meinten, Verletzlichkeit und Schwäche wären nicht im Sinne der Verteidigung.  Ich weiß, was sie meinten und doch…
Hallo? Was bestimmte Dinge angeht bin ich eben schwach. Zum Beispiel, wenn ich von einer 12 jährigen höre, die ihre Oma beklaut hat oder ihre Lieblingsbarbie verkaufte. Aus Angst. Ja – das macht mich schwach. Da wird mir schlecht.
Aber ich bin auch schwach, wenn ein Familienmitglied angegriffen wird. Aus welchen Gründen auch immer. Da versuche ich zu vermitteln. Extern und intern. Ich versuche zu verstehen, zu verändern und zu verarbeiten. Zur Not schreibe ich auch ein Buch oder führe einen Blog. 
Die nächste Frage, die sich in Bezug auf mich stellte, war meine Anwesenheit bei Gericht.
Ich stopfte mir schnell noch einen großen Bissen vom Souflaki in den Mund, um ein wenig Zeit zu schinden. Eigentlich war ich fest davon überzeugt, jeden einzelnen dieser Tage an der Seite meines Mannes zu verbringen. Ich wollte aber erst hören, wie die beiden darüber dachten und traf erstmalig auf eine unterschiedliche Meinung.
Während Rechtsanwalt Jede dazu riet auf jeden Fall dabei zu sein, zögerte sein Kollege. Er hatte Bedenken, dass ich mit meiner Einstellung mir alles zu Herzen zu nehmen meinem Mann vielleicht eher hinderlich wäre.  Auch mein Drang immer und überall die Klappe aufzureißen, um zu sagen wenn ich was falsch oder richtig hielte, war nicht angemessen.
Wenigstens diesbezüglich konnte ich ihn ein wenig beruhigen. Lang genug habe ich selber Interviews geführt und auch mal mehr oder weniger verfängliche Fragen gestellt. Ich wusste, wie ich reagiere, wenn mir jemand Antworten aus den Rippen leiern will, die ich nicht geben will.  
Und trotzdem wurde ich  zu dem benannt, was ich wohl war:
Eine Strafe für jeden Verteidiger!
Ich verstehe und glaube an das, was die Verteidigung sagt. Aber ich glaube auch denen, die Kritik an den Dingen äußern, die in den letzten Jahren vorgegangen sind. Mein persönliches Problem scheint es zu sein, dass ich das festgezurrte Knäuel von moralischen Ansichten, juristischen Fakten und emotionaler Eingebundenheit zu entwirren suche. Das geht aber nicht oder zumindest nur sehr, sehr schwer.
Ich will ja niemanden in den Rücken fallen und schon gar nicht den Verteidigern meines Mannes und mir ist schon klar, dass man sich manchmal für einen Weg entscheiden muss, weil man immer nur einen Weg gehen kann, nämlich den, an den man glaubt und von dem man überzeugt ist.
Aber ich sehe viele Dinge durch eine eben nicht nur rechtliche Brille und das macht mir, wenn schon keine großen Sorgen, dann aber doch ein stetig flaues Gefühl.          
Wie gesagt, ich weiß was sie meinen und dennoch entschließe ich mich, diesen Blog weiterzuführen. Ich mag die Jungs (keine Sorge, so nenne ich auch meine Lieblingsärzte und die sind schon gute siebzig) und ich vertraue den beiden, aber manche Dinge mache ich lieber anders.

Langweilig wird es offensichtlich die nächste Zeit nicht. Für den dem es immer noch nicht reicht: Push to add drama:  http://www.youtube.com/watch?v=316AzLYfAzw
Ich weiß, ich wollte heute über meine mangelhafte Moral schreiben, aber anlassbedingt…

Liebe Grüße Eure Manu

1 Kommentar:

  1. "Eine Strafe für jeden Verteidiger!"

    Nein wirklich nicht.
    Also, nicht wirklich.
    Nicht wirklich, also ...
    Na ja. Also wirklich ...
    Also wirklich!
    Ach, na ja, es könnte schlimmer sein ;-)
    A.J.

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